16. Juli 2019

Führen alle Green Bonds nach Paris?

Grüne Anleihen aus Sicht einer Nachhaltigkeits-Ratingagentur

Unter all den positiven Entwicklungen im Bereich nachhaltiger Kapitalanlagen stechen sie besonders hervor: Green Bonds oder zu Deutsch grüne Anleihen, also festverzinsliche Wertpapiere mit ökologischem Verwendungszweck. Green Bonds sind geeignete Kapitalmarktinstrumente, um zusätzliches Kapital für Umwelt- und Klimaschutzprojekte zu beschaffen und damit zur Erreichung der Pariser Klimaziele von 2015 beizutragen. Die Schätzungen, wieviel Investitionen zur Erreichung des sogenannten „2-Grad-Zieles“ nötig sind, variieren zwischen 200 und 800 Milliarden Euro pro Jahr bis 2030. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von Green Bonds zu konventionellen Bonds ist die Zweckbindung der Mittelverwendung für Umwelt- und Klimaschutzprojekte, wie beispielsweise regenerative Energien, energieeffiziente Gebäude oder Nachhaltige Landwirtschaft. Dieser Aspekt lockt Investoren, die sich selbst einer nachhaltigen Anlagepolitik verschrieben haben. Infolgedessen erfreuen sich Green Bonds einer starken Nachfrage und sind häufig überzeichnet, ein Abflachen dieses Trends ist nicht in Sicht.

Der Markt für Green Bonds wächst rasant

Die ersten Green Bonds wurden in den Jahren 2007 und 2008 durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Weltbank emittiert. In den folgenden Jahren, insbesondere ab 2014, verzeichnete der Green-Bond-Markt ein rasantes Wachstum, im Jahr 2018 belief sich das jährliche Emissionsvolumen bereits auf etwa 167 Milliarden Dollar. Das höhere Emissionsvolumen ab 2014 ist sowohl auf einen Einstieg von Emittenten des privaten Sektors, als auch auf die Verabschiedung der Green Bond Principles (GBP) zurückzuführen. Das dynamische Wachstum dieser relativ neuen Finanzierungsform ist erfreulich und ein wichtiges Element auf dem Weg hin zu einem nachhaltigeren Finanzmarkt. Allerdings beläuft sich der Green Bond-Anteil am ausstehenden Gesamtbond-Volumen auf lediglich 2,5 Prozent. Es bedarf daher weiterer Anstrengungen, um dieses Marktsegment zu forcieren, ein wichtiger Schritt ist der geplante EU-Standard für grüne Anleihen (EU Green Bonds). Ein vorläufiger Entwurf wurde Anfang April dieses Jahres publiziert. Andere Länder und Regionen, wie beispielsweise China, Indien und Japan sind hier schon weiter und haben spezifische Standards ausgearbeitet. Aktuell gibt es keinen verbindlichen Standard und der Begriff Green Bond ist nicht geschützt. Marktakteure in Europa orientieren sich daher vornehmlich an den freiwilligen Leitlinien der Green Bond Principles (GBP) oder der Climate Bond Initiative (CBI). In den letzten Jahren findet zudem eine Auffächerung der Begriffe und Themen statt: Neben dem etablierten Green Bond halten auch die Bezeichnungen Social Bond und Sustainability Bond Einzug.

Unabhängige Second Party Opinions als Erfolgsfaktor

Um Vertrauen gegenüber Investoren aufzubauen und um zu attestieren, dass es sich tatsächlich um grüne Projekte handelt, hat sich die Beauftragung von unabhängigen Expertenmeinungen, sogenannte „Second Party Opinions (SPOs)“, etabliert. Unabhängige Prüfer wie etwa Nachhaltigkeits-Ratingagenturen stellen die Konformität der freiwilligen Leitlinien (GBP, CBI) sicher und tragen dadurch zu Transparenz und einer stärkeren Glaubwürdigkeit von Green Bonds bei. In 2018 verfügten nahezu 60 Prozent der global emittierten Green Bonds über eine solche externe Überprüfung, weitere 30 Prozent weisen eine externe Kontrolle anderer Art auf (Green Bond Ratings, Assurance Reports und Zertifizierte Climate Bonds).

Gefahr des Greenwashing

Um dies zu gewährleisten, empfehlen die GBP Emittenten konkrete Informationen zu den Projekten offenlegen. Diese Empfehlung wird allerdings nicht von allen Emittenten in die Praxis umgesetzt. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie von Südwind – Institut für Ökonomie und Ökumene – mit dem Titel „Große Erwartungen – Glaubwürdigkeit und Zusätzlichkeit von Green Bonds“. Die Studie untersucht kritisch die Transparenz und Sinnhaftigkeit der festverzinslichen Wertpapiere. Zwar seien „Green Bonds ein Hoffnungsschimmer“ und „zeigen, dass private Investoren ein großes Interesse daran haben, den ökologischen Umbau der Wirtschaft zu finanzieren.“ Doch um ihr volles Potenzial zu entfalten, müsste für mehr Transparenz gesorgt werden: Nur 43 Prozent der untersuchten Emittenten veröffentlichten ihre Projekte ganz oder teilweise. Südwind argumentiert: „Nur mit vollständigen Angaben lässt sich jedoch ein Greenwashing verhindern und das für ein Wachstum des Marktes essentielle Vertrauen der nachhaltigen Investoren dauerhaft sichern.“ Als zweiten großen Schwachpunkt identifiziert Südwind die „Zusätzlichkeit“, d. h. den Beweis, dass Green Bonds tatsächlich zusätzliches Geld für Umweltprojekte bereitstellen. „Sehr verschiedene Analysen kommen zu dem Ergebnis, dass eine solche Zusätzlichkeit bisher nur marginal gegeben ist. Das entspricht nicht den Erwartungen nachhaltiger AnlegerInnen und auch nicht den Notwendigkeiten des drohenden Klimawandels und der fortschreitenden Umweltzerstörung.“

Fazit

Green Bonds haben das Potenzial, ökologische Projekte zu fördern und können dadurch einen wichtigen Beitrag zur Erreichung globaler Klimaziele leisten. Externe Verifizierungen stellen dabei ein wichtiges Instrument des Green-Bond-Marktes dar und helfen, das Vertrauen gegenüber den Marktakteuren aufzubauen. Emittenten können dadurch glaubhaft ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit gegenüber Investoren vermitteln und ihre Investorenbasis erweitern. Aktuell ist die Nachfrage größer als das Angebot, ein Anstieg des Emissionsvolumens ist daher wünschenswert und auch notwendig, um gemeinsam die angetriebenen Klimaziele zu erreichen. Die allgemeine Entwicklung ist ein positiver Schritt, um Nachhaltigkeit von der Nische in den Mainstream des Finanzmarktes zu heben.


Dieser Beitrag erschien zuerst im BondGuide „Anleihen 2019 Chancen & Risiken investierbar machen“ (Ausgabe 07/2019).


Quellen:

Johannes Bayer

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