26. November 2019

Pensionsfonds sollten nachhaltiger werden

Von Isabel Reimann & Marie Schlebusch

Pensionskassen tragen eine große Verantwortung: Sie müssen für Arbeitnehmer*innen eine solide und planbare Altersvorsorge schaffen. Das ist in der anhaltenden Niedrigzinsphase, angesichts des demografischen Wandels, einer einhaltenden Digitalisierung und hohen regulatorischen Anforderungen, eine große Herausforderung. Und jetzt kommt auch noch das Thema Nachhaltigkeit? Durch gesellschaftlichen Druck wie Fridays for Future, und nicht zuletzt auch durch regulatorische Anforderungen wie der EU-Taxonomie und den Empfehlungen des BaFin-Merkblatts steigt der Druck, dass Pensionskassen ihre Gelder nun auch nach ESG-Kriterien anlegen. Das heißt, neben der Altersvorsorge soll nun auch der Erhalt unserer Lebensgrundlagen explizit Teil der Anlagestrategie sein.

170 Milliarden Euro wollen allein in Deutschland nachhaltig angelegt sein – Tendenz steigend

2018 verwalteten Pensionskassen in Deutschland einen Kapitalanlagebestand von circa 170 Milliarden Euro. Allein die drei größten Pensionskassen in Deutschland – der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes, die Allianz PK AG und die Bayer-Pensionskasse – verwalten rund 49 Milliarden Euro. Es wird außerdem prognostiziert, dass der Kapitalanlagewert steigt, da die Anlage in Pensionskassen zur Altersvorsorge stetig wächst – allein 2017 ist ein Zuwachs von 5,1 Prozent zu verzeichnen. Die Anwärterzahl ist in den letzten zwölf Jahren um 50 Prozent gestiegen. Der Hebel, eine gesellschaftliche Wirkung mit nachhaltigen Investitionen zu erzielen, ist aufgrund des hohen und verfügbaren Kapitalbestands groß – und somit auch die gesellschaftliche Verantwortung. Dass die großen Unternehmen ihre Verantwortung für die Gesellschaft wahrnehmen, fordern nicht zuletzt globale Bewegungen von Schüler*innen wie Fridays for Future. Auch die EU hat letztes Jahr Richtlinien für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung herausgegeben, die dieses Jahr auch in Deutschland schon umgesetzt werden. Unter der unternehmerischen Vorsicht sind größere Unternehmen und Gruppen nun angehalten, auch nichtmonetäre Leistungsindikatoren offenzulegen und zu erklären. So werden beispielsweise bei der regelmäßigen Überprüfung von Anlagegrundsätzen institutionelle Anleger verpflichtet, Nachhaltigkeitsaspekte anzugeben. Dies zeigt, dass auch regulatorische Vorgaben immer mehr in Richtung Nachhaltigkeit weisen werden. Aber ist es überhaupt möglich, dass Pensionsfonds 170 Milliarden nach Nachhaltigkeitsaspekten anlegen, ohne die finanzielle Performance aus dem Blick zu verlieren?

Nachhaltigkeits-Vorreiter finden sich meist im Ausland

In Deutschland berücksichtigen nur wenige Pensionskassen konsequent und transparent nachhaltige Anlagekriterien, wie soziale Grundsätze oder Umweltgesichtspunkte. Neben der finanziellen Rendite und somit der Absicherung der Renten der Arbeitnehmer*innen wird die gesellschaftliche Verantwortung der Investitionen nur wenig berücksichtigt. Dabei ist gerade hier das Potenzial besonders groß.

Mit gutem Beispiel geht hier der norwegische Staatspensionsfonds voran, der aus den Investitionen in fossile Brennstoffe aussteigen möchte. Schon Anfang nächsten Jahres sollen die Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie veröffentlicht werden, die nicht weiter unterstützt werden. Das ist besonders bemerkenswert, weil Norwegen seinen Wohlstand und Arbeitsplätze ebenjener Industrie verdankt. Ein Widerspruch? Eigentlich nicht, denn um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu sichern, muss Norwegen die Energiewende vorantreiben und aus umweltschädlicher Energieproduktion aussteigen.

Auch die Niederlande liegen bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit bei Pensionsfonds weit vorne. Laut der Niederländischen Vereinigung der Investoren für nachhaltige Entwicklung (VBDO), die die 50 größten niederländischen Pensionsfonds untersucht haben, integrieren 13 von ihnen die SDGs in ihre Anlagepolitik. Dabei werden die SDGs meist unterschiedlich priorisiert, je nachdem, welche Thematik als besonders wichtig eingestuft wird. Mit 71 Prozent wird am häufigsten SDG 13 zu Klimaschutz ausgewählt und darin investiert. Das größte Hindernis bei der Integration von Nachhaltigkeitskriterien sind fehlende Kenntnisse und Kapazitäten sowie die Bedenken über finanzielle Rendite durch die Beachtung von SDG-Kriterien. Diese Bedenken sind unbegründet – vielmehr gilt die Aussage eines niederländischen Pensionsfonds:

“We view investment strategies that take into account SDG performance as more stable and, subsequently, providing better long-term returns.”

Vorreiter sind hier die Asset-Manager PGGM und APG, die für niederländische Pensionskassen nach einer eigens entwickelten Sustainable-Development-Investments-Taxonomie (SDI-Taxonomie) anlegen. Bemerkenswert ist, dass die zugrundeliegende Systematik frei zugänglich ist und explizit zum Nachmachen eingeladen wird. Die entsprechenden Daten, welche Emittenten die strengen Kriterien erfüllen, liefert unser Netzwerkpartner Vigeo Eiris.

Auch in Deutschland gibt es Leuchttürme

Ein Best-Practice-Beispiel aus Deutschland ist der Pensionsfonds der Deutschen Telekom, welcher bei der Geldanlage Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Dies bedeutet die Verpflichtung zur Einhaltung der ESG-Kriterien. Zum einen werden beispielsweise Investitionen ausgeschlossen, die gegen die Prinzipien des UN Global Compact verstoßen und zum anderen wird die Umsetzung der UN-Ziele, der SDGs, hin zu einer nachhaltigen Entwicklung aktiv unterstützt. Auch werden keine Anleihen von Staaten erworben, die gegen völkerrechtliche Konventionen verstoßen.

Auch unser Kunde, die Hannoverschen Kassen, nimmt seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle in Deutschland als nachhaltige Pensionskasse ein. Die Hannoverschen Kassen sind nach eigenen Angaben die erste Pensionskasse in Deutschland, die einen Transparenzbericht veröffentlicht hat und somit offenlegt, wo die Gelder ihrer Kund*innen angelegt werden. Dabei wird das Ziel verfolgt, nicht nur sicher und langfristig anzulegen, sondern auch soziale, ethische und ökologische Kriterien zu berücksichtigen. imug rating und Vigeo Eiris unterstützen mit passgenauen Nachhaltigkeitsratings und bei der stetigen Fortentwicklung des Nachhaltigkeitsansatzes.

Pensionskassen haben Aufholbedarf in puncto Nachhaltigkeit

Pensionskassen stehen vor großen Herausforderungen und künftig werden sie auch um das Thema nachhaltige Geldanlage nicht herumkommen. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien nimmt auch bei Pensionsfonds einen immer höheren Stellenwert ein und bietet ein großes Potenzial für die Zukunftssicherung aller Menschen. Zur Umsetzung gibt es verschiedene Ansätze. Es lohnt sich, das Rad nicht neu zu erfinden, sondern von den zahlreichen Best Practices zu lernen. Zahlreiche Pensionskassen haben dafür öffentlich verfügbare Beispiele und Kriterien entwickelt, deren Anwendung sich in der Praxis auszahlt. Letztlich ist auch die nachhaltige Geldanlage ein iterativer Prozess, der mit dem ersten Schritt beginnt. Diesen Prozess unterstützen wir gern.

Frieder Olfe

Weitere Artikel